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Herman Melville und Nuku Hiva – ziemlich fantastisch


04/03/2022
Herman Melville - traditionelle tânzer auf Nuku Hiva
Traditionelle Tänzer auf Nuku Hiva – Copyright: Tahiti Tourisme

Den Namen „Herman Melville“ verbindet jeder sofort mit seinem weltberühmten Werk „Moby Dick“. Aus heutiger Sicht weniger bekannt ist allerdings ein Roman, den er 1846, noch fünf Jahre vor seinem Wal-Roman, veröffentlichte: „Typee“ (deutscher Verlagstitel: „Taipi“). In diesem Roman verarbeitet er halb-fiktiv sein reales Zusammenleben mit einem Indigenen-Stamm im Jahr 1842 auf der Insel Nuku Hiva, die auch heute noch auf zahlreichen Französisch-Polynesien Kreuzfahrten angesteuert wird. Doch was führte Melville überhaupt nach Nuku Hiva?

Nachdem Melvilles Familie in große finanzielle Schwierigkeiten geriet, musste Herman 1831 mit gerade einmal 12 Jahren die Schule verlassen und arbeitete in verschiedenen Berufen, bevor er 1841 in Nantucket schließlich auf dem Walfänger „Acushnet“ anheuerte, der auf Fangfahrt im Pazifik ging. Die Bedingungen an Bord erschienen Melville allerdings so unzumutbar, dass er 1842, gemeinsam mit dem Matrosen Richard Tobias Greene, auf dem ersten Zwischenstopp des Schiffes desertierte: in der Bucht von Taiohae auf Nuku Hiva, wo auch heutige Passagiere einer Aranui Marquesas Kreuzfahrt an Land gehen. Beim Versuch, das Tal von Taipivai zu erreichen, wurden Melville und Greene von dem Insulaner Stamm der „Typee“ gefangen genommen wurden, die hier lebten. Während Greene nach einiger Zeit fliehen konnte, blieb der am Bein verletzte Melville notgedrungen bei den Indigenen und beobachtete vier Wochen lang deren Zusammenleben, bevor er schließlich auf einem australischen Walfänger entkam. 

Obwohl Melville die „Typee“ in seinem Roman mehrfach als kannibalistisch beschreibt – eine Zuschreibung, die aus heutiger Sicht vermutlich als fiktives, spannungssteigerndes Element verstanden werden muss, betont er mehrfach die Vorzüge des Stammeslebens gegenüber der Lebensweise in Nordamerika und Europa. Bei den „Typee“ gibt es, nach Melvilles Schilderung, kaum Krankheit, keine Streitigkeiten um Eigentum, keine Armut sowie keinen Hunger, keine sozialen Konflikte und die Frauen sind überirdisch schön. Außerdem beschreibt Melville die Indigenen als arglos-kindlich und moralisch unverdorben. Da aus Melvilles realen vier Wochen bei dem Stamm in dem Roman außerdem vier Monate werden, ist es heute schwierig, die wahren Erlebnisse des Schriftstellers von der Fiktion zu unterscheiden. 

Inwieweit Mitte des 19. Jahrhunderts paradiesische Zustände auf den Marquesas-Inseln herrschten, lässt sich also auf Grundlage von „Typee“ nicht abschließend beurteilen. Heutzutage bieten die Marquesas ihren Besuchern allerdings zweifellos paradiesische Erfahrungen, die deren Leben mindestens genau so nachhaltig prägen, wie das von Herman Melville – wie jeder bestätigen kann, der bereits Passagier auf einer Polynesien Frachtschiff Kreuzfahrt war.


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